Die Magie der Verkannten

Fett und GROSSBUCHSTABEN (übrigens wird das ›ß‹ in Großschrift zu SS, schöner und einfacher, als einen Tastaturtreiber für das große scharfe S zu finden) sind für belletristische Texte No-Gos, das ist ja bekannt. Aber es gibt außer Kursivschrift noch andere Möglichkeiten, wie man subtil Stimmungen vermitteln kann.

Diesmal soll es um ein paar verkannte Satzzeichen gehen, die leider zunehmend aus den Autorengedächtnissen verschwinden oder falsch angewendet werden. Dabei kann man mit ihnen subtil Situationen nonverbal transportieren.

 

Der Gedankenstrich, auch Geviertstrich,
ist ein wenig breiter als der Bindestrich, und lädt zum Innehalten ein. Man kann ihn einzeln und paarweise einsetzen.

Gedankenstrich einfach. Er signalisiert eine nachdenkliche Pause.
Beispiel: Walter war sicher, ein Kleinkind gehört zu haben – oder war es doch eine rollige Katze?
Beispiel: Die Stimmung in dem Gemälde ist wundervoll festgehalten – oder ist es doch ein Foto?

Der Gedankenstrich gibt wieder, dass sich Walter zuerst sicher ist, dann nachdenkt und ihm doch Zweifel kommen. Speziell in flotten Passagen wie in Krimis und Thrillern passt die ausführlich erzählte Variante, wie gerade eben, nicht. Aber auch in normal schnellem Text lockert der Gedankenstrich das Bild auf.

Gedankenstrich paarweise. Hierbei geht es um Einschübe. Die macht man doch mit Kommas, oder? Das stimmt. Aber mit zwei Gedankenstrichen wird der Einschub übersichtlicher, weil man aus dem Augenwinkel auch gleich das Ende sieht.
Beispiel: Frische Shorts und T-Shirt – bei beiden sehe ich noch die Falten vom Zusammenlegen – blasse Haut und ein ansehnlicher Bauch, der sicher vom heimischen Stammtisch herrührt.
Beispiel: Betreten schaue ich auf meine – zugegebenermaßen angestaubten – Turnschuhe hinunter.

Paarweise Gedankenstriche geben einem einen schnellen groben Überblick auf das Satzgefüge

 

Die Auslassungspunkte …
haben zwei unterschiedliche Aufgaben und werden entsprechend auch etwas unterschiedlich angewendet.

Die eine, häufigere, Anwendung drückt Erstaunen, Entsetzen oder Schweigen aus oder lässt etwas vage in der Luft hängen. In diesem Fall ist vor den … ein Leerzeichen zu setzen!
Manche Autoren neigen dazu, Sätze und ganze Absätze oder sogar Kapitel in einer Auslasssungspunktwolke zu verpuffen, um damit Suspense, Vorahnung oder Mystik zu generieren. Das ist keine schöne Wolke, sondern heiße Luft, eine sinnlose und deshalb üble Angewohnheit. So wie alle Gewürze sollen auch die Auslassungspunkte nicht inflationär verwendet werden.
Beispiel: (Hier geht es darum, nicht von allen fünf Campingplätzen die vermeintlichen Mängel aufzuzählen, sondern stellvertretend nur von zwei – die anderen verschwinden hinter den Auslassungspunkten) Der eine ist zu sehr Fabrik, mit seinen parallelen Stichstraßen, der nächste zu verwahrlost … ich hoffe, dass sie (die begleitenden Kollegen) mir verzeihen.
Beispiel: Man kann – beredtes – Schweigen einfach in zwei Anführungszeichen ausdrücken: » … «
Beispiel: (Ausdruck von Zweifeln, Erstaunen, Entsetzen) »Das ist doch eine Art Blau, oder …?«

Die zweite Variante zeigt einen Abbruch. Hier ist im Unterschied vor den … kein Leerzeichen!
Beispiel:
»Wenn du doch nur auf mich gehö…«
»Halt endlich die Klappe, deine Klugscheißerei kann ich nicht ausstehen!«

 

Der Strichpunkt sei der Komplettheit halber auch genannt, leider auch vom Aussterben bedroht. Er ist direkter als ein Komma, trennt aber nicht wie ein Punkt.
Beispiel: Der Platz ist ansprechend; direkt am Strand, die sanitären Anlagen sind sauber.

 

Viel Freude beim subtilen Aufpeppen deiner Texte! Und immer daran denken: Diese Satzzeichen sind Gewürze – nicht zu viel anwenden.

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