Ein Dialog ist doch ganz einfach: Man macht beim Wechsel des Sprechers einen neuen Absatz. Im Prinzip ja. Aber was ist mit Text, der zum jeweiligen Dialog gehört, der dann vielleicht auch noch vor dem Sprechtext steht?
Betrachten wir Dialoge genauer, so bemerken wir, dass es sich dabei um eine Art Sub-Perspektive handelt. Das ändert absolut nichts an dem, was üblicherweise als Perspektive bezeichnet wird. Denn trotz allem wird ja aus der Sicht der Perspektivträgers (PoV) erzählt (personale und Ich-Perspektive). Es geht in diesem Artikel darum, wie man diese Sub-Perspektivwechsel, also den Wechsel zwischen den Sprechenden, für den Leser möglichst optimal darstellt.
Leider gibt es für diese Thematik keine Regeln, also zeige ich aus der eigenen Praxis Empfehlungen, wie man das leserfreundlich handhaben kann. Doch vor langer Theorie besser ein paar Beispiele.
1. Der ganz normale Dialog
»Oh ja, das glaube ich Ihnen absolut.« Ich habe gar nicht gewusst, dass ich so zuckersüß sprechen kann. Tage der Wunder.
»Haben Sie es sich überlegt?«, fragt er.
»Ort und Zeit?«
Hier haben wir zwei Personen, die abwechselnd zum Zug kommen. Eine kurze Bemerkung (erster Sprecher) und der Inquit des zweiten Sprechers gehören zu den Sprechern, auch wenn alles aus der Sicht des PoV erzählt sind. Insofern Sub-Perspektive, weil wir bei der jeweils sprechenden Figur sind und uns die mit den sie betreffenden Beschreibungen vorstellen. Der Text im Absatz des Sprechers, der gerade dran ist, und der damit beschrieben wird, bleibt im selben Absatz.
2. Dialogbeginn und beschreibender Vorlauftext
Aha, interessant, haben sie die Möbel umgestellt? Sieht aber ganz gut so aus. Die Nachmittagssonne blendet mich. Ich registriere eine männliche Silhouette, mit dem Rücken zum Fenster und nicke ihr zu. Erst als ich am Kopf des Konferenztischs ankomme, um mich zu setzen, erkenne ich – nicht Yannic Lambert. Den Mann hier habe ich noch nie gesehen. Ich bin erstaunt, aber nicht so abgelenkt, dass ich mir nicht schnell endlich die Schuhe abstreifen könnte. Was für eine Wohltat! Mein Gegenüber hat kurzes, gewelltes, brünettes Haar, einen Zehntagebart, tief liegende, dunkle Augen, ein offenes, blaues T-Shirt unter einem indischblauen Sakko. Alles in allem reichlich leger. Ein Besucher?
Ich ziehe die Augenbraue hoch. »Guten Tag. Sie arbeiten bei uns?«
Er lächelt mich an. Er scheint neu zu sein. Und er zuckt mit den Schultern. Fast schon ein wenig respektlos. »Hallo. Vermutlich.«
»Sie wissen es nicht?«
Wir sehen zuerst den Übergang vom Erzähltext in den Dialog. Die Perspektive ist hier bei der Person, die als ›ich‹ erzählt (Ich-Perspektive). Sie denkt und beobachtet und bemerkt dann einen Besucher. Mit ‘Ich ziehe …’ steigen wir in den Dialog ein, also neuer Absatz. Das Augenbrauenhochziehen ist Untermalung zu ihrer Begrüßung, also kommt es in den ersten Dialogabsatz mit hinein.
3. Dialog im Dialog
»Sie wissen es nicht?«
»Na ja«, sagt er gedehnt. »Eigentlich schon. Also ich denke mal so: Wenn Tim zu mir sagt: ›Timo, kannst du mir mal aus der Klemme helfen?‹, ich antworte: ›Eigentlich nicht, bin zu bis oben hin‹, er sagt: ›Mann, du musst es irgendwie möglich machen, mir sind zwei Leute ausgefallen‹, ich sage: ›ich kann wirklich nicht‹, und ich nun doch hier sitze – Tim ist eine echte Nervensäge – sieht es so aus, als würde ich für hier etwas tun.«
Ich runzle die Stirn. »Tim? Welcher Tim?«
Bei Dialogen in Dialogen empfehle ich die Verwendung von ›einfachen Anführunszeichen‹. Das ist auch in keiner Regel so beschrieben und missbraucht das einfache Anführungszeichen ein wenig in seinem ursprünglichen Sinn. Aber ich finde es die einzige passende Weise, dass der Leser den Haupt- und Unterdialog einfach unterscheiden kann. Für den Unterdialog jedenfalls auf keinen Fall doppelte Anführunszeichen und auch nicht kursiv!
Hier hatten wir einen Dialog im Dialog und zwar in sehr kurzen Sequenzen. Deshalb empfehle ich, keine eigenen Absätze zu machen.
In Parallelreise erzählt eine Figur ein längeres Gespräch, bei dem ganz normale Dialge zwischen ihr und einer dritten Person stattfinden. Das handhabe ich gleich wie den normalen Dialog, nur eben mit einfachen Anführungszeichen:
Mich schaudert bei dem Gedanken und es fröstelt mich trotz der Hitze.
»Und dann«, fährt sie fort, »begann das Unglaubliche. Ich erkannte nichts konkret um mich herum, sah nur ein undefinierbares Licht vor mir, aus dem sich vage eine helle Gestalt formte. Von ihr ging eine unglaubliche Zuwendung aus, als sie sich mir näherte.
›Alice, hörst du mich?‹, sprach sie. Ich hörte die Stimme nicht so, wie wir es gewohnt sind, Stimmen zu hören, vor, neben oder hinter mir, sondern ich hörte sie in mir – und auch wieder nicht … ich kann dir das nicht besser erklären.
›Wer bist du, was ist los mit mir, was willst du von mir?‹, fragte ich zurück. Trotz der sehr ungewöhnlichen Situation hatte ich keine Angst.
4. Aufgeteilter Sprecher
»Ich kenne es nicht anders.«
Wir schweigen ein bisschen und ich plätschere mit den Händen durchs Wasser. »Ist gar nicht so übel hier drinnen«, sage ich mutig und möchte nicht wissen, was für Getier sich alles in diesem Teich unter meinen Füßen tummelt. »Gibt es hier im Wasser irgendwelche Tiere?«
»Keine Krokodile. Es ist ein starkes Gitter unten, da kommt nichts von außen herein.«
Hier im mittleren Absatz sind Erzählung und Sprechtext gemischt. Es bleibt ein Absatz, weil alles zur selben Figur gehört.
5. Dialog mit Gesten- und Mimikelementen
Ich nicke. »Äh … ja, zehn Jahre kein Mann!«
Sie schüttelt den Kopf. »Du weißt aber schon, dass du bildhübsch bist?«
Ich zucke mit den Schultern und spüre wieder diese Wärme hochklettern.
»Dass dich manche als regelrechtes Sexsymbol sehen?«
»Nun hör aber auf!«
Der mittlere der fünf Sätze ist kein Sprechtext. Trotzdem bekommt er einen eigenen Absatz, weil es die zum Dialog im Wechsel passende Handlung beziehungsweise Mimik ist, also die Perspektive der anderen Figur betrifft.
6. ›Einrückung‹
Bei den Dialogen siehst du überall Einrückungen. Einen Absatzwechsel sollte man irgendwie kennzeichnen. Ein Halbzeilenabstand zwischen den Absätzen sieht zwar nett aus, eignet sich aber wegen einer anzustrebenden Registerhaltigkeit (alle Abstände sind so gehalten, dass bei dünnem Papier die Zeilen nicht dazwischen durchscheinen, sondern sich gegenseitig decken) nicht so gut. Also rückt man üblicherweise die erste Zeile eines Absatzes etwas ein (wie hier in den Beispielen). Diese Einrückung bitte nie manuell mit Leerzeichen, sondern über die Absatzvorlage. Und: der erste Absatz einer neuen Szene, egal, welcher Tiefe, hat keine Erstzeileneinrückung!
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Dialoge: Airport Madrid, einmal Parallelreise (Martin Danesch)