Zitat von marilona am 6. Mai 2020, 17:40 Uhr
Hallöchen,
diesen Thread habe ich aus einem anderen Thread herauskopiert, damit man diese Tipps hier schneller wiederfinden kann. Wer den gesamten Thread, den, in dieses Posting eingebettet ist, der klicke auf folgenden Link:
https://autorenprogramm.com/argen/topic/plotten-fuer-manche-schlimmer-als-montags-wieder-zu-arbeiten/?part=1
Also:
Ich wollte euch ja noch von meinen Erkenntnissen zum Bauchschreiben und Plotten erzählen. Und von meinem Wort Bauchplotten. Ich nenne mich eine Bauchplotterin. Einfach ausgedrückt:
Ich schreibe aus dem Bauch heraus etwas über meine Geschichte, also das, was zu den Fragen, die ich habe, einfach so von innen hochkommt. Und daraus entsteht dann nach und nach der Plot.
Wichtig ist hier ein kleines Wort: "ÜBER"
Zu einem Text, den ich vor vielen Jahren mal einem Autorenkollegen zu lesen gab (ich war recht stolz darauf und dachte, er wäre gut, weil tolle Ideen drin waren), bekam ich ein Feedback für das ich sehr dankbar bin: Ich bekam einen weinenden Smilie und die Worte: "Das ist ja gar keine Geschichte. Das ist ja nur ein Text ÜBER die Geschichte".
Aus diesen Worten resultierte eine meiner wichtigsten Erkenntnisse zum Schreiben:
Es gibt mindestens drei Sorten von Schreiben im Bereich der Schriftstellerei. Ich definiere sie so:
a) Schreibübungen
Das ist für mich sowas wie der Text, den du zu dem Wörtchen "trivial" geschrieben hast, Yvonne.
Ich schreibe solche Texte auch sehr gern. Es sind Fragmente, die Teil eines größeren Ganzen sein könnten, die enthüllen, was von innen hochkommt beim Schreiben. Geschrieben ist die Übung wie die Rohfassung einer Geschichte, und kann durch Überarbeitung zu einer echten Geschichte werden.
Oder der Text kann einfach bleiben, was er ist: ein winziger, heimlicher Einblick in das Leben einer fiktiven Person.
Hier ein Beispiel von mir:

b) Bauchplotten = Schreiben ÜBER die Geschichte
Ulrike Scheuermann hat das "Denkschreiben" und das "Fokuswriting" in ihrem Ratgeber definiert. Ich glaube, das trifft das Schreiben, das ich bauchplotten nenne, am besten.
Wenn ich plotte, dann habe ich viele Fragen zu meiner Geschichte, auf die ich noch eine Antwort finden muss. Sobald ich so eine Frage aufschreibe, fließen bei mir die Worte aufs Papier, egal ob auf echtem Papier oder getippt. Eine geschriebene Frage bringt sofort Antworten aus meinem Innersten hoch und ich brauche sie nur aufzuschreiben. Es ist ein Lauschen nach innen und über meine Hände werden die Antworten sichtbar. Das kennt jeder von euch!
Ich nutze das um die schwarzen Löcher in meinem Plot zu füllen.
Das Schreiben ÜBER die Geschichte hat gegenüber dem Schreiben von Rohfassung einen echten Vorteil: Man darf tellen so viel man will, deshalb kann man innerhalb kurzer Zeit sehr viel Geschichteninhalt notieren. Man braucht Gefühle nicht zu zeigen, kein Setting vor dem Auge des Leser entstehen lassen, kann große Zeiträume in einem Satz überbrücken. Man schreibt z.B. einfach: Die Stimmung ist düster und Hans hat große Angst. Viele Tage sitzt er schon in diesem Loch. Das ist Text ÜBER die Geschichte. Und so ein Text eignet sich fürs Plotten sehr, fürs Rohfassung schreiben aber ganz und gar nicht!
Hier ein Beispiel wie ich bauchplottend über meine Geschichte schreibe und dadurch an Informationen für den Plot komme:

c) Rohfassung schreiben = die Geschichte, den Roman schreiben
Das ist, wofür ich mehrerlei brauche: Das Wissen, was ich in der zu schreibenden Szene zeigen will (und eben nicht tellen), welche Fragen ich beim Leser aufwerfen will, welche Geheimnisse ich also andeuten oder zum Teil auflösen will, ich brauche die Idee, was diese Szene bezwecken soll und vor allem brauche ich viel Zeit um die Szene zu zeigen. Bilder zu machen im Kopf des Lesers und hoffentlich auch Gefühle. Nun ist es Rohfassung und ich bin kein Profi, aber ich will selber richtig in den Moment der Geschichte eintauchen und das, was geschieht, durch den Text den ich schreibe möglichst erfahrbar machen. Das ist eine Art zu Schreiben, dass kann ich nicht mal eben so zwischendurch. Andere können das, ich nicht. Auf diese Weise zu schreiben, dauert bei mir ewig und wenn ich keinen Plot hätte, würde ich mich absolut ins Nirvana schreiben. Rohfassung bauchschreiben kann ich nur in Schreibübungen gut. Aber da eine Szene eigentlich nichts anderes ist als eine Schreibübung mit einem Pitch als Schreibanlass, kann ich Szene für Szene schaffen einen langen komplexen Roman zu schreiben - wenn ich nicht einfach damit aufhöre :-( das kommt schon mal vor, bei mir.
Hier nun noch das dritte Beispiel. Ein kleines Stück der Szene, die aus dem vorigen Beispiel fürs Bauchplotten letztlich entstanden ist. Echte Rohfassung, die Geschichte selbst. Halleluja, allein dafür hätte ich bestimmt einen lachenden Smilie verdient, damals :-)

Sicher habt ihr gemerkt, dass in dem bauchplotten-Text viel mehr Inhalt steckt als in dem Szenenschnipsel. Das verteilt sich allerdings über weite Teile des Romans, es wird immer mal wieder aufgegriffen und weitergestrickt. Es dauert ganz schön lange, bis Jule an das Tgebuch kommt und so nach und nach Mamas Geheimnis lösen kann.
Noch was: Fürs Plotten (und dafür, möglichst keine schwarzen Löcher zu fabrizieren), brauche ich nicht nur meine bauchgeplotteten Antworten, sondern auch ein Plotmodell, welches
- mir hilft den roten Faden meiner Geschichte nicht aus den Augen zu verlieren,
- mich daran erinnert, dass es Wendungen und Überraschungen geben muss,
- dass es aufs und abs in den Emotionen geben muss und nicht zuletzt
- dass es Konflikte geben muss, die bestimmt nochmal stärker gesteigert werden können.
Ohne Plotmodell könnte ich meine Ideen nicht so gut verdichten, und ich würde nicht wissen, welche meiner vielen Ideen für den Plot nun jene sind, die für meine Geschichte am besten funktionieren.
Mein Fazit zum Thema Plotten:
Schreiben ÜBER die Geschichte entlang eines Plotmodells führt zu einem brauchbaren Plot, der zu brauchbaren Pitches führt, die letztlich zu einer guten Geschichte führen. Klar, zu einer mehrfach überarbeiteten guten Geschichte natürlich.
Mir ist bewusst, dass jeder von uns seinen eigenen Weg zum Roman finden muss. Ich wollte euch einfach mal von meinem Weg erzählen und vielleicht ist etwas Erhellendes für den einen oder anderen dabei.
Gute Nacht :-)
Ilona
Hallöchen,
diesen Thread habe ich aus einem anderen Thread herauskopiert, damit man diese Tipps hier schneller wiederfinden kann. Wer den gesamten Thread, den, in dieses Posting eingebettet ist, der klicke auf folgenden Link:
https://autorenprogramm.com/argen/topic/plotten-fuer-manche-schlimmer-als-montags-wieder-zu-arbeiten/?part=1
Also:
Ich wollte euch ja noch von meinen Erkenntnissen zum Bauchschreiben und Plotten erzählen. Und von meinem Wort Bauchplotten. Ich nenne mich eine Bauchplotterin. Einfach ausgedrückt:
Ich schreibe aus dem Bauch heraus etwas über meine Geschichte, also das, was zu den Fragen, die ich habe, einfach so von innen hochkommt. Und daraus entsteht dann nach und nach der Plot.
Wichtig ist hier ein kleines Wort: "ÜBER"
Zu einem Text, den ich vor vielen Jahren mal einem Autorenkollegen zu lesen gab (ich war recht stolz darauf und dachte, er wäre gut, weil tolle Ideen drin waren), bekam ich ein Feedback für das ich sehr dankbar bin: Ich bekam einen weinenden Smilie und die Worte: "Das ist ja gar keine Geschichte. Das ist ja nur ein Text ÜBER die Geschichte".
Aus diesen Worten resultierte eine meiner wichtigsten Erkenntnisse zum Schreiben:
Es gibt mindestens drei Sorten von Schreiben im Bereich der Schriftstellerei. Ich definiere sie so:
a) Schreibübungen
Das ist für mich sowas wie der Text, den du zu dem Wörtchen "trivial" geschrieben hast, Yvonne.
Ich schreibe solche Texte auch sehr gern. Es sind Fragmente, die Teil eines größeren Ganzen sein könnten, die enthüllen, was von innen hochkommt beim Schreiben. Geschrieben ist die Übung wie die Rohfassung einer Geschichte, und kann durch Überarbeitung zu einer echten Geschichte werden.
Oder der Text kann einfach bleiben, was er ist: ein winziger, heimlicher Einblick in das Leben einer fiktiven Person.
Hier ein Beispiel von mir:

b) Bauchplotten = Schreiben ÜBER die Geschichte
Ulrike Scheuermann hat das "Denkschreiben" und das "Fokuswriting" in ihrem Ratgeber definiert. Ich glaube, das trifft das Schreiben, das ich bauchplotten nenne, am besten.
Wenn ich plotte, dann habe ich viele Fragen zu meiner Geschichte, auf die ich noch eine Antwort finden muss. Sobald ich so eine Frage aufschreibe, fließen bei mir die Worte aufs Papier, egal ob auf echtem Papier oder getippt. Eine geschriebene Frage bringt sofort Antworten aus meinem Innersten hoch und ich brauche sie nur aufzuschreiben. Es ist ein Lauschen nach innen und über meine Hände werden die Antworten sichtbar. Das kennt jeder von euch!
Ich nutze das um die schwarzen Löcher in meinem Plot zu füllen.
Das Schreiben ÜBER die Geschichte hat gegenüber dem Schreiben von Rohfassung einen echten Vorteil: Man darf tellen so viel man will, deshalb kann man innerhalb kurzer Zeit sehr viel Geschichteninhalt notieren. Man braucht Gefühle nicht zu zeigen, kein Setting vor dem Auge des Leser entstehen lassen, kann große Zeiträume in einem Satz überbrücken. Man schreibt z.B. einfach: Die Stimmung ist düster und Hans hat große Angst. Viele Tage sitzt er schon in diesem Loch. Das ist Text ÜBER die Geschichte. Und so ein Text eignet sich fürs Plotten sehr, fürs Rohfassung schreiben aber ganz und gar nicht!
Hier ein Beispiel wie ich bauchplottend über meine Geschichte schreibe und dadurch an Informationen für den Plot komme:

c) Rohfassung schreiben = die Geschichte, den Roman schreiben
Das ist, wofür ich mehrerlei brauche: Das Wissen, was ich in der zu schreibenden Szene zeigen will (und eben nicht tellen), welche Fragen ich beim Leser aufwerfen will, welche Geheimnisse ich also andeuten oder zum Teil auflösen will, ich brauche die Idee, was diese Szene bezwecken soll und vor allem brauche ich viel Zeit um die Szene zu zeigen. Bilder zu machen im Kopf des Lesers und hoffentlich auch Gefühle. Nun ist es Rohfassung und ich bin kein Profi, aber ich will selber richtig in den Moment der Geschichte eintauchen und das, was geschieht, durch den Text den ich schreibe möglichst erfahrbar machen. Das ist eine Art zu Schreiben, dass kann ich nicht mal eben so zwischendurch. Andere können das, ich nicht. Auf diese Weise zu schreiben, dauert bei mir ewig und wenn ich keinen Plot hätte, würde ich mich absolut ins Nirvana schreiben. Rohfassung bauchschreiben kann ich nur in Schreibübungen gut. Aber da eine Szene eigentlich nichts anderes ist als eine Schreibübung mit einem Pitch als Schreibanlass, kann ich Szene für Szene schaffen einen langen komplexen Roman zu schreiben - wenn ich nicht einfach damit aufhöre :-( das kommt schon mal vor, bei mir.
Hier nun noch das dritte Beispiel. Ein kleines Stück der Szene, die aus dem vorigen Beispiel fürs Bauchplotten letztlich entstanden ist. Echte Rohfassung, die Geschichte selbst. Halleluja, allein dafür hätte ich bestimmt einen lachenden Smilie verdient, damals :-)

Sicher habt ihr gemerkt, dass in dem bauchplotten-Text viel mehr Inhalt steckt als in dem Szenenschnipsel. Das verteilt sich allerdings über weite Teile des Romans, es wird immer mal wieder aufgegriffen und weitergestrickt. Es dauert ganz schön lange, bis Jule an das Tgebuch kommt und so nach und nach Mamas Geheimnis lösen kann.
Noch was: Fürs Plotten (und dafür, möglichst keine schwarzen Löcher zu fabrizieren), brauche ich nicht nur meine bauchgeplotteten Antworten, sondern auch ein Plotmodell, welches
- mir hilft den roten Faden meiner Geschichte nicht aus den Augen zu verlieren,
- mich daran erinnert, dass es Wendungen und Überraschungen geben muss,
- dass es aufs und abs in den Emotionen geben muss und nicht zuletzt
- dass es Konflikte geben muss, die bestimmt nochmal stärker gesteigert werden können.
Ohne Plotmodell könnte ich meine Ideen nicht so gut verdichten, und ich würde nicht wissen, welche meiner vielen Ideen für den Plot nun jene sind, die für meine Geschichte am besten funktionieren.
Mein Fazit zum Thema Plotten:
Schreiben ÜBER die Geschichte entlang eines Plotmodells führt zu einem brauchbaren Plot, der zu brauchbaren Pitches führt, die letztlich zu einer guten Geschichte führen. Klar, zu einer mehrfach überarbeiteten guten Geschichte natürlich.
Mir ist bewusst, dass jeder von uns seinen eigenen Weg zum Roman finden muss. Ich wollte euch einfach mal von meinem Weg erzählen und vielleicht ist etwas Erhellendes für den einen oder anderen dabei.
Gute Nacht :-)
Ilona